Studenten und Auszubildende, die eine Erstausbildung bereits abgeschlossen haben und ein beruflich veranlasstes Studium bzw. eine solche Ausbildung absolvieren, dürfen sich freuen: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die steuerliche Behandlung von Reisekosten zu einer Ausbildungsstätte deutlich verbessert. Nunmehr können für die Fahrten zur Universität oder zum Ausbildungsbetrieb die tatsächlichen Kosten oder alternativ 0,30 € als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dies gilt – im Gegensatz zur früheren Rechtslage – für die Hin- und Rückfahrt.
Hintergrund: Im Fokus dieser Urteile stand erneut der Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“. Denn Fahrten zwischen Wohnung und der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ sind nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer absetzbar. Sind die Universität oder die Ausbildungsstätte nicht als eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ anzusehen, können die tatsächlich entstandenen Kfz-Kosten abgesetzt werden bzw. aus Vereinfachungsgründen 0,30 € für die Hin- und Rückfahrt.
Streitfälle: Der BFH hat jetzt über zwei Fälle entschieden, in denen die Kläger Fahrtkosten zu einer Ausbildungsstätte geltend machten:
- Im ersten Fall ging es um einen Soldaten, der zunächst eine militärische Ausbildung absolviert hatte. Anschließend nahm er im Jahr 2008 an einer Berufsbildungsmaßnahme teil, für die er vom Dienst freigestellt wurde. Die Fahrten zur Ausbildungsstätte setzte er mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer (also Hin- und Rückfahrt) in seiner Steuererklärung für 2009 als Werbungskosten an. Außerdem machte er Verpflegungsmehraufwendungen geltend.
- Im zweiten Fall begann eine Sozialpädagogin im Jahr 2006 ein Zweitstudium für den Studiengang Lehramt und machte ebenfalls die Fahrten von ihrer Wohnung zur Hochschule mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer (also Hin- und Rückfahrt) als Werbungskosten geltend.
Entscheidung: Der BFH gab beiden Klägern recht: Ein Abzug der Fahrtkosten als Werbungskosten war grundsätzlich möglich, da die Ausbildung in beiden Fällen beruflich veranlasst war. Jedoch galt die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer nicht, weil die Lehrstätten nicht als „regelmäßige Arbeitsstätte“ anzusehen waren:
- Zum einen fehlt es für eine Arbeitsstätte an der Nachhaltigkeit; denn die Universität oder die Ausbildungsstätte wird nur vorübergehend und nicht auf Dauer besucht.
- Zum anderen kann eine Arbeitsstätte nur ein Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb sein – nicht eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung. Die Entfernungspauschale gilt aber nur für Fahrten zur „regelmäßigen Arbeitsstätte“.
Folgen: Die Fahrtkosten waren in beiden Fällen in Höhe von 0,30 € für die Hin- und Rückfahrt absetzbar. Da der BFH die Lehrstätten nicht mehr als „regelmäßige Arbeitsstätte“ ansieht, können Betroffene für die ersten drei Monate (!) außerdem Pauschalen für Verpflegungsmehraufwen-dungen in der Steuererklärung ansetzen.
Hinweis: Der Gesetzgeber hat im Jahr 2011 eine Geset-zesänderung mit Rückwirkung ab dem Veranlagungszeit-raum 2004 eingeführt. Danach können Ausbildungskosten steuerlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausga-ben anerkannt werden. Diese (umstrittene) Regelung gilt aber nur für eine Erstausbildung bzw. ein Erststudium, nicht aber für eine Zweitausbildung wie im Streitfall.
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